Schule.. Berufswahl.. Ausbildung..

Schulreisen..

Die zweitägige Schulreise in der 9. Klasse führte uns in das Tessin. Ziel war der Monte Generoso. Mit dem Bähnchen ging es den steilen Berg hinauf. Nicht alle in unserer Klasse waren schon mal in der Südschweiz. Ein Erlebnis sollte es werden, meinte Lehrer Lüthi, ohne zu wissen, dass das Erlebnis einen speziellen "Höhepunkt" für ihn und uns bereithalten würde. Ueber Nacht blieben wir auf dem Generoso, bezogen unsere Schlafräume, genossen das Essen und die Abendstimmung mit Blick auf die Seen des Tessins. Anschliessend verkündete Lehrer Lüthi Schlafenszeit mit Nachtruhe sei um 22 Uhr und das gelte dann ohne wenn und aber!

 

Die Geister erwachen normalerweise um Mitternacht. Bei uns trieben schon zwei Stunden früher einige Geister ihr Unwesen. Natürlich wussten wir, wer da als Gespenster unterwegs waren, um z.B. an einer Schnur eine Salami zu den Mädchen im darunter liegenden Stockwerk abzuseilen. Auf den Gängen herrschte ein hin und her, die Bodendielen knarrten mit den Türen um die Wette. Wir im Zimmer Verbliebenen unterstützten die Aktivisten mit mehr oder weniger lustigen Tipps, wohlwissend, dass jeden Augenblick Lehrer Lüthi auftauchen könnte. Und tatsächlich, aus der Vermutung wurde schnaubende Gewissheit. Lehrer Lüthi stürmte unser Zimmer und hielt uns eine unmissverständliche Standpauke, was ab jetzt Sache sei! Keine Silbe und keinen Laut mehr wolle er hören, ansonsten er die Schulreise morgen früh abbrechen werde und wir heimfahren würden!

Lehrer Lüthi war wohl nicht ganz bewusst, dass er sich mit seiner Drohung weit aufs Glatteis begeben hatte. Was wenn er noch auf den einen Giggs oder andern Gaggs aus dem Zimmer reagieren würde?

Während der "Geisterstunde" war ich in meinem Kajüttenbett geblieben, also an den nächtlichen Aktivitäten nicht direkt beteiligt. Zuerst blieb es tatsächlich eine Zeit lang still im Zimmer, dann wurde leise getuschelt, dann geschnupft und gekichert, wir wähnten Lehrer Lüthi längst in seinem Bett. Der vorherige Auftritt unseres Lehrers war aber so skurril, dass wir es uns nicht verklemmen konnten, einzelne Episoden des Auftritts nochmals parodierend wiederzugeben. Als durchaus als vorwitzig bekannter Schüler war ich natürlich mit dabei. Meine Imitation von Lehrer Lüthi löste hörbares Gelächter aus, worauf zeitgleich die Zimmertüre fast aus den Angeln sprang, als wäre sie mit Dynamit gesprengt worden. Das Licht ging an, wir rieben uns die Augen, der Anblick war unschön. Wutentbrannt stand Lehrer Lüthi im Raum und wollte mit sich überschlagender Stimme wissen, wessen Stimme zuletzt zu hören war. Etwas kleinlaut meldete ich mich als Schuldigen, worauf Lehrer Lüthi auf den Bettrand des unteren Bettes stieg, sich mit der linken Hand am oberen Bettladen des Kajüttenbett festklammerte und mit dem Handrücken der rechten Hand wild auf mich einschlug. Ich zog mich erschrocken soweit es ging an die Zimmerwand zurück. Lehrer Lüthi hatte offensichtlich die Nerven vollkommen verloren. Damit hatten wir nicht gerechnet.

 

Die Stimmung am andern Morgen am Frühstückstisch war gedrückt. Die Klasse sass am letzten und der Lehrer mit den beiden Begleiterinnen am ersten Tisch im Raum, dazwischen lag Sibirien. Man war sich einig in der Klasse, da hatte sich Lehrer Lüthi mit seinem Horchen an der Türe selber eine Falle gestellt. Pädagogik ohne taktisches Gespür kann ins Auge gehen. Die Klasse und Lehrer Lüthi gingen aber innerlich offenbar über die Bücher. Die "Unschuldigen" waren besonders höflich, die "Schuldigen" wären notfalls auch in einer Zweierreihe gewandert und Lehrer Lüthi, erwähnte mit keiner Silbe eine verfrühte Heimkehr. Was hätte das im Dorf zu reden gegeben, wenn die 9. Klasse der Sekundarschule vorzeitig von der Schulreise nach Hause gekommen wäre.

Beim Berufsberater..

Die Frage stand im Raum, resp. in allen Räumen des elterlichen Hauses: "Was soll ich denn werden?" Oder aus der Sicht der Eltern "Was für ein Beruf soll Ueli lernen?" Dabei wäre es für mich viel einfacher gewesen, wenn ich die Frage minim abgeändert hätte: "Was will ich denn werden?" Ich wusste es nicht, hatte durchaus etliche Talente, war in der Schule im ersten Viertel, hatte viele Interessen und Neigungen, aber eben und das war die Krux, keine eigentliche Präferenz um mich zu entscheiden! So gesehen, hätte ein Allrounder-Beruf die Situation am ehesten entspannen können. 

Meine Mutter hat in solchen Situationen oft das Heft in die Hand genommen und mich beim Berufsberater in Langenthal angemeldet. Ich weiss nicht mehr, was ich zu diesem Berufsberater mitnehmen musste; vermutlich Zeugnisse, Hefte und Zeichnungen. Ich kann mich noch vage daran erinnern, dass ich irgendwelche Drähte zu irgend welchen Figuren biegen musste, alles weitere ist mir entschwunden. Was er dann als Resultat seiner Tests zu mir gesagt hat, weiss ich hingegen noch genau. "Wir haben zu wenig Hochbauzeichner, das wäre etwas für dich!"

Natürlich wusste ich selbst, dass Zeichnen eines meiner Lieblingsfächer war, dass mir ein einziges Mal während der ganzen Schulzeit ein paar Wuttränen wegen einer Note 5.5 anstatt 6.0 über die Backen gekollert sind. Aber wenn Zeichner, dann wäre wissenschaftlicher Zeichner doch eher ein Ziel; Vögel zum Beispiel. Aber auch diese Idee hatte nicht den nötigen Tiefgang. 

Also entschied ich mich für Hochbauzeichner. Nun galt es eine Lehrstelle zu suchen und zu finden. Da ich zeitlich im Rückstand war, konzentrierte ich mich mit der Lehrstellensuche gezwungenermassen auf das nächste Jahr. 

Auf meine Bewerbung bei Gudio Meier, Architekt in Herzogenbuchsee, erhielt ich eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch. Da meine Schulnoten kaum Anlass zu kritischen Bemerkungen gaben, schien es mir, dass meine Freihandzeichnungen und insbesondere diejenigen mit perspektivischen Anforderungen dem prüfenden Auge des Architekten Eindruck machten und den Ausschlag gaben, dass ich den Zuschlag für die Lehrstelle erhielt. 

Praktikum auf dem Bau..

Der Lehrstellentscheid war gefallen, alle waren beruhigt. Wie konnte, wollte ich das Jahr bis zum Lehrbeginn aber sinnvoll überbrücken? Naheliegend war ein Praktikum auf dem Bau. Also suchte ich nach einer solchen Möglichkeit und fand diese bei der Bauunternehmung Bösiger AG in Langenthal.

Mit meinem Zwei-Takt-Töffli fuhr ich nun jeden Morgen früh auf die Baustelle. Den ganzen Sommer bis weit in den Herbst war dies ein Erweiterungsbau der Porzellanfabrik Langenthal. Die Arbeit gefiel mir gut und erfreulicherweise wurde ich nicht einfach als Hilfskraft eingesetzt, sondern konnte analog eines Maurerlehrlings auch bei solchen Arbeiten Erfahrung sammeln.

Irgendwann wurde ich von starkem Kopfweh befallen, ein Leiden das ich normalerweise nicht kannte. Ich meldete mich bei der Firma krank. Als sich die Schmerzen vom Kopf auch noch in die Augenhöhlen ausdehnten war der Arzt nicht mehr zu vermeiden. Diagnose: Kieferhöhlenentzündung, d.h. die Kieferhöhlen waren voller Eiter und dieses musste vom Spezialisten entfernt, d.h. herausgespült werden. Mir wird noch heute fast schlecht, wenn ich mich an die damaligen Eingriffe erinnere. 

Der Arzt empfahl mir, mich zu schonen, die Praktikumsstelle auf dem Bau aufzugeben. Eine unvollständige Heilung könnte eine chronische Entzündung zur Folge haben.

Nächste Ueberbrückungsarbeit war ein dreimonatiger Kurs an einer Handelsschule in Langenthal. Kein Highlight, aber durchaus eine sinnvolle Erfahrung nebst den Regeln einer Buchhaltung auch mal auf einer Schreibmaschine in die Tasten zu hauen.

Ich werde Hochbauzeichner..

Der jüngste Stift hatte, nebst der fachlichen Arbeit zwei weitere, für die Kollegen und Kolleginnen im Büro besonders wichtige Aufgaben zu erledigen. Dies betraf die tägliche Sicherstellung der Pausenverpflegung und in der Heizperiode die Inbetriebnahme des Oelofens. In dem alten, wenig isolierten Haus fing die Heizperiode schon im Spätherbst an und dauerte bis weit in den Frühling. Oel auffüllen, Meta-Tablette anzünden und platzieren war kein Problem, aber die halbe Stunde vor offiziellem Arbeitsbeginn im Büro zu sein schon eher. 

Mit dem Chef waren wir 3 Lehrlinge, d.h. einer in jedem Lehrjahr, dauerte die Ausbildung damals doch nur drei Jahre. Dazu kam eine Architektin HTL und 2 ausgebildete Hochbauzeichner. Die Auftragslage war nicht schlecht, wir mussten nicht Daumen drehen. Zudem bemühte sich unser Chef durchaus um ansprechende Architektur. Meine Vorlieben teilten sich schnell auf. Normale Werkspläne waren definitiv nicht mein Ding und eigentlich wusste ich schon früh, dass ich vermutlich meine berufliche Laufbahn nicht in einem Architekturbüro verbringen werde. Für mich, subjektiv beurteilt, zu eintönig, zu wenig kreativ, zu langweilig. Da waren Entwurfs- und Gestaltungsaufträge für ein Cheminée doch etwas ganz anderes, da konnte der Chef von mir innert kurzer Zeit ein Dutzend Entwürfe erwarten. 

Wie weiter..?

Nach erfolgreicher Lehrabschlussprüfung stand die Frage im Raum, was jetzt? Klar war, dass ich nicht Hochbauzeichner bleiben wollte. Eine Möglichkeit wäre das Technikum in Burgdorf mit der Ausbildung zum Architekten HTL. Die von Märcu Gerber aufgebrachte Variante, an der Bauschule Aarau die Ausbildung zum Bauführer anzustreben, überzeugte mich schon mehr. Bedingung zur Aufnahme beinhaltete nebst der Aufnahmeprüfung ein Lehrabschluss  als Zimmermann, Maurer oder Strassenbauer. Also galt es einen Lehrbetrieb für die Zusatzlehre zu finden. In Langenthal hatte es drei grössere Bauunternehmungen, Witschi, Bösiger und Hector Egger. Wir drei Kollegen teilten uns auf, Märcu bewarb sich bei Bösiger, Bänz bei Hector Egger und ich bei der Firma Witschi. Alle drei bekamen die gewünschte Lehrstelle. 

Maurerlehre..

Als gelernter Hochbauzeichner mit gewissem handwerklichem Geschick war die Maurerlehre eine alles in allem schöne Zeit die schnell vorbei ging. Innerhalb der zwei Zusatzlehrjahre war noch die Rekrutenschule zu absolvieren. Die Arbeit auf dem Bau kann hart sein, von heiss brennender Sommersonne bis windig kalt im Winter; nicht für jedermann. Wie sagte doch jeweils mein Nachbar am Lüssliweg, Fritz Roth, von Beruf Zimmermann zur harten Arbeit auf dem Bau, im heissen Sommer und im kalten Winter? "E gschärmete Hund wird haut älter!"

Bauschule Aarau

Bänz..

Mini Cooper..

Haltiners..

Studentenverbindung..

Diplomreise..

Militärzeit..

Militärische Aushebung..

Mit Dienstbüchlein und Turnzeug im Rucksack marschierten wir in Einerkolonne Richtung Gewerbeschulhaus in Langenthal. Vorab ein Freiwilliger als Tambour den Marschtakt schlagend, dahinter der Fahnenträger mit der Fahne der Schützengesellschft Roggwil.

Links.. links.. links.. ertönte es dazu aus der Kolonne. Waren das ironische Versuche, der kommenden Militärzeit mit Humor zu begegnen oder waren das etwa Zeichen der Begeisterung oder der Unsicherheit?

Wir waren ja alle noch Jünglinge, nicht mehr Kinder, noch nicht Erwachsene. Die einen brav, schüchtern und blass, die andern voll im Saft und lauthals Sprüche klopfend. Eine bunt gemischte Schar trottete da Richtung Langenthal. Ein paar hatten ein Arztzeugnis dabei, um vom Militärdienst befreit zu werden. "Die RS hat noch jedem Jüngling gut getan!" lautete damals die allgemein gültige Meinung zur Rekrutenschule.

Mit dabei hatten wir auch das Büchlein des vormilitärischen Leistungsausweises im Sport. Ich weiss nicht mehr genau, was da alles dazu gehörte. Ich glaube Weitwurf, Weitsprung, Hochsprung, Schnelllauf und 1000m Lauf. Jedenfalls standen diese Disziplinen an der Aushebung auf dem Sportprogramm. In jeder Disziplin galt es ein Minimallimit zu erfüllen. So war auch im Weitwurf eine Mindestdistanz definiert, so um die 27m, meine ich mich zu erinnern. Geworfen wurde ein Art Handgranatenattrappe aus Eisen mit Griff und Kugel. Jeder hatte drei Versuche, einer nach dem andern machte seine Würfe. Für mich kein Problem, ich war ein geübter Werfer.

Und dann kam Räber Rüedu an die Reihe, nahm Anlauf und warf den Wurfkörper mit ungelenker Hand auf etwas mehr als zwanzig Meter. "Was söu das? E sötige Bursch und schiesst wienes Meitli! Übere Chopf muesch zieh!" Rüedu nahm den zweiten Wurfkörper, nahm Anlauf und ein Raunen ging durch die Zuschauer, der Wurf gelang etwas besser aber noch immer nicht genügend weit. "Ig gloubes nid, het der Offizier grüeft!" ging zu Rüedu, welcher mit gesenktem Blick etwas von "ig chas eifach nid besser" murmelte und gab ihm nochmals Anweisungen, wie er den Wurfkörper halten müsse, um mit der linken Hand in die Wurfrichtung zeigend, diesen mit der rechten Hand mit vollem Zug über den Kopf zu werfen. Rüedu behändigte seinen letzten Wurfkörper, nahm wieder Anlauf und oh welch Wunder, warf den Wurfkörper, mit unglaublicher Schnellkraft über seinen Kopf ziehend, Richtung Kaufmännische Berufsschule. Aus einem zum KV gehörenden Kastanienbaum hörte man Sekunden später Einschlaggeräusche und sah Blätter auf den Boden fallen. Ueber achtzig Meter waren das, eine absolute Rekordweite!

Ungefähr mit der gleichen Schnelligkeit mit der Rüedu den letzten Wurfkörper weggeschleudert hatte, färbte sich das Gesicht des Aushebungsoffiziers in knalliges Rot; er fühlte sich offensichtlich von Rüedu blossgestellt. Die Moralpredigt fiel dann aber eher bescheiden aus. Das unüberhörbare Lachen der Umstehenden zeigte dem Offizier, dass er die Situation nur mit Humor retten kann, was ihm umso leichter gefallen ist, als er vernahm, dass Rüedu Mitglied des Speerwurf-Nationalkaders war. Ende gut alles gut. Die Story ist aber seither der unvergessliche Running Gag dieser Aushebung.

Auf Beizenrunde..

Ja die Beizenrunde nach der offiziellen Aushebung!? Noch hatte die zukünftige Truppe bei der ersten Einkehr noch fast Vollbestand und der Mehrheit war zum Feiern zu Mute, dabei diktierte nicht der Durst das Mass der Bestellungen; Frölein no e Runde! Logisch, dass nach jeder Beiz die Gruppe kleiner wurde, das Gelächter und Gejohle aber kaum an Lautstärke abnahm. Dem Schär Housi ist schon nach zwei Runden das taufrische Dienstbüchlein in die Langete gefallen und von den Wellen auf Nimmerwiedersehen mitgerissen. So ging das den ganzen Nachmittag weiter, Jakob Mäxu zeigte sich von der Fakirseite, indem er ein ganzes Bierglas (ohne Boden) mit den Zähnen abbrach und die Scherben mit Bier runterspülte. Als dann noch einer von uns die Glanzidee hatte, gegen eine Wette, ein Guppy (Kleines Zierfischchen) nach dem andern aus dem Wirtshausaquarium zu fischen und diese mit einem Schluck Bier lebend zu schlucken, war das Mass definitiv voll. Mit der Drohung der Wirtin, die Polizei zu rufen, sind wir schliesslich arg dezimiert wieder Richtung Roggwil abmarschiert. Die Fahne des Schützenvereins achtlos geschultert, die Trommel, ohne Taktgefühl nur noch sporadisch in Betrieb.

Infanterie Füsilier..

Ueli Grütter, Sohn des Kreiskommandanten Grütter und Schulkamerad von mir gab mir den Tipp, bei der Befragung nach meinem Wunsch betreffend der Waffengattung soll ich einfach sagen "Infanterie Füsilier!" Diesen Wunsch würde der Aushebungsoffizier sicher erfüllen, wir kämen ja so oder so alle zur Infanterie und wenn ich keinen Wunsch äussere, würde ich womöglich bei den Mitrailleuren oder den Minenwerfern eingeteilt. Da hätte ich dann das Geschenk! Anstatt nur ein Gewehr zu tragen, müsste ich zusätzlich noch ein schweres Maschinengewehr oder einen Minenwerfer rumschleppen. Ich tat wie geraten, sagte laut und deutlich "Infanterie Füsilier" und der Aushebungsoffizier erwiderte mit hörbarer Genugtuung "Das kann ich dir erfüllen", drückte den entsprechenden Stempel ins Dienstbüchlein und setzte seine Signatur darunter.

Rekrutenschule..

Packen und Einrücken. Fassen und Versorgen. Zuhören und Gehorchen. Drill und Schikane. Alles klar? Ich hatte schon ein bisschen den Bammel, am Tag des Einrückens. Ehemalige Schulkameraden aus der Volks- und Berufsschule, Kollegen aus der Umgebung bewirkten eine gewisse Beruhigung, man(n) war nicht allein. Eine lose Gemeinschaft mit gemeinsamer Vergangenheit, nun in verschiedenen Waffengattungen und in verschiedenen Zügen eingeteilt, nahmen wir jeden Tag oder jede Nacht in Angriff. Nicht alle konnten mit der neuen Situation gleich umgehen. Während ich mich darauf konzentrierte die geforderten Aufgaben so gut als möglich hinter mich zu bringen um ja nicht aufzufallen, taten sich andere schwer mit dem militärischen Alltag. Für etliche stellte sich jeden Tag die Sinnfrage der unverständlichen Befehle, des unsinnigen Wartens und Liegens, der Schikane bezüglich Ordnung nach Millimeter, des schikanösen Drills auf der Kampfbahn. Die Mehrheit, dazu gehörte auch ich, brachte die Tage mit einer gewissen Gelassenheit hinter sich. Wer aber den körperlichen Anforderungen einer Infanterie-Rekrutenschule nicht gewachsen war, musste arg leiden. Geschundene Füsse, Blasen die aufplatzten, blutige Spuren auf dem Korridor, das kam nicht selten vor. Zwei paar Militärschuhe hatten wir gefasst; ein Paar Nagelschuhe, ein Paar Gummischuhe. Dazu eine Wickeltasche mit Schuhputzuntensilien. Einen halben Tag lang hatten wir Zeit unsere Schuhschäfte weich zu kneten, so gut das mit dem harten Leder auch möglich war. Ich glaube, ich habe während der ganzen RS keinen Befehl so ernst genommen, wie diese Schuh-Kneterei. Ich habe gebogen, geklopft, geknetet was das Zeug hielt. Ich wollte um jeden Preis weiche Schuhe, keine Druckstellen, keine Blasen, die angesagten Distanzmärsche waren mir ausreichend Grund dazu! Und es hat sich gelohnt! Keine Blasen und Druckstellen während der ganzen RS. Was wurden da alles für Geheimrezepte rumgereicht. Baumwollsocken, nein auf keine Fall Baumwollsocken, Wollsocken sei das Richtige, Pflaster präventiv anbringen, Blödsinn keine Pflaster, die Drogerie in Liesthal half beratend. War schon angenehmer, die hilfsbereite Stimme der weiblichen Drogistin, als der wenig hilfreiche Spruch des Korporals, Weicheier hätten hier nichts verloren!