Südmarokko Februar 2017

4. Februar > Marrakech

Samstag Abend in Marrakech. Erstes Marokko-Schnuppern auf dem Platz Djemaa el Fna. Es riecht nach Essen, nach Gewürzen, nach Menschen;  Marokko, eine andere Welt. Der Platz ist übervoll, überall herrscht Gedränge. Marokko hat Schulferien, da kommen jeweils Tausende auf Verwandtenbesuch.

5. Februar > Oukaïmeden

Oukaïmeden ist die bekannteste Skistation in der Gebirgskette des Hohen Atlas. Die Hochebene liegt auf ca. 2'700m ü. M. und knapp 90 km südlich der Hauptstadt Marrakech. Skivermieter bieten hier alle Utensilien wie Skis, Skischuhe, Stöcke zum Gebrauch an. Nur wenige wagen es letztlich auf die Piste, aber viele Marokkaner erfreuen sich mit ihren Familien im sonst ungewohnten Schnee. Auch wir verzichten auf eine Probefahrt, sind wir doch aus anderen Gründen hier. Birder besuchen diesen alpinen Ort primär wegen Vogelarten wie Ohrenlerche, Alpenkrähe und Rotflügelgimpel. 

6. Februar > Über den Tizi-n-Test Pass nach Oulad Berhil

Die Reise über den Tizi-n-Test lässt uns in die Landschaft Marokkos eintauchen. Karg, felsig, Ockerfarben unter blauem Himmel. Aber überall findet sich die Farbe Grün in verschiedensten Schattierungen, wenn Wasser die trockene Landschaft zu Leben erweckt. Wir geniessen die lange Fahrt. Bananen, Mandarinen und Wasser sind mehr als Notvorrat; sie werden auch für die weiteren Tage unsere Zwischenverpflegung bleiben. Wir sind uns schon am zweiten Tag einig. Mit unserem Driver Mohammed haben wir einen Glückstreffer gelandet. Offen, sympathisch, humorvoll und intelligent! Wir passen zusammen.

Von der Passhöhe ergibt sich ein erster Blick ins Sous-Tal. Die Südhänge werden nun weitgehend von Arganbäumen dominiert. Aus den Früchten dieses Baumes wird das wertvolle Arganöl gewonnen. Die Frucht enthält einen mandelgrossen Kern mit extrem harter Schale. Darin befinden sich zwei Samen, aus denen das Öl gewonnen wird. Eine sehr aufwendige Arbeit, die das Öl so kostbar werden lässt. Der erste Diademrotschwanz machte für uns die Arganbäume noch etwas attraktiver.. :-)

6. Februar Spätnachmittag > Birding in der Region Oulad Berhil

Auch nach der langen Passfahrt sind wir noch voll motiviert, bis zur Dämmerung in der Ebene des Sous auf Pirsch zu gehen. Nebst einer Begegnung mit singenden Frauen die von den Feldern nach Hause zurückfahren, beenden Sonnenuntergang und ein Gleitaar unser Outdoor-Tagesprogramm. Die Unterkunft im Palais Riad Hida überrascht uns mit seiner prachtvollen Innenausstattung; ein Palast aus anderen Zeiten. Wir fühlen uns wie Paschas.

7. Februar > Oulad Berhil - Ouarzazate

Der Morgen bringt sofort Stimmung. Während Mohammed unsere Koffer auf dem Dach verstaut, beobachten wir Haussegler über dem Hotel. Der Tagestrip kann beginnen. Verschiedene Arten haben wir heute auf dem Radar. Wir haben uns schon vor der Reise bezüglich Teamwork abgesprochen. Hoschi und Mario arbeiten als Spotter mit Spektiv, Mosi und ich versuchen die Vögel auf den Chip zu bannen. Arten wie den Berbersteinschmätzer müssen wir uns mit Schweiss verdienen, bei andern Arten fällt das Suchen manchmal etwas leichter. Die Bilder zeigen, dass wir den Tag erfolgreich gestalten konnten. Vom Wüstenstaub und vom Salz in den Augenwinkeln befreien wir uns am Abend unter einer warmen Dusche. Ouarzazate liegt auf 1'151 m. ü. M. und bei klaren Nächten kann die Temperatur im Februar gegen 0°C absinken. Da bleibt der Pool nur fotografisch in Erinnerung.

8. Februar > Birding Barrage El Mansour Ouarzazate

Nach dem Frühstück ist der Stausee El Mansour Eddahbi unser erstes Ziel. Nebst verschiedenen Wasservogelarten bieten ca. 200 Weißstörche einen nicht alltäglichen Anblick. Während Hoschi und Mario u.a. nach Marmelenten Ausschau halten, beschäftige ich mich mit dem Versuch, den rufenden Rotkehlpieper fotografisch einzufangen. Da wir auf der Rückreise nochmals diesen Ort aufsuchen werden, investierten wir nicht allzu viel Zeit; unser Tagesziel ist das Draa-Tal mit der Oasenstadt Zagora.

8. Februar > Ouarzazate - Draatal - Zagora

Das erste Bild zeigt unseren Kassier bei seiner verantwortungsvollen Aufgabe, genügend Bananen-Mandarinen-Wasser-Vorrat einzukaufen. Entschädigt wird er für diese Arbeit, indem sich die drei andern abwechselnd in die Benutzung des "Körbchens" (dritte, hinterste Notsitzreihe) teilen. :-) 

Wenn sich eine Gelegenheit bot, waren wir nicht abgeneigt, unser Tagesmenü mit einem kurzen Break zu erweitern. Nächster Halt war irgendwo im Wadi Draa mit seinen grossen Dattelpalmenplantagen. Auf der Fahrt begegnen wir immer wieder bewohnten oder zerfallenden Lehmbauten, erstellt in jahrhundertalter traditioneller Bauweise. Ornithologische Highlights sind Steinschwalbe und fotogene Felsenhühner.

 

9. Februar > Birding Region Mhamid

M'hamid, eine Oasenstadt am Ende des besiedelten Draa-Tales, nahe der algerischen Grenze gelegen, ist unser heutiges Birdwatching Ziel. Die Wüste zeigt sich hier in allen Facetten. Von den erhofften Vogelarten zeigt sich als erste - fast wie ein Türwächter am Wüsteneingang - die Wüstenläuferlerche. Ihr flötender, melancholischer Gesang voller Dissonanzen ist einmalig und unverwechselbar. Auf der Suche nach Dromedarherden, in der Hoffnung dort wegen deren Dung Wüstensperlinge anzutreffen, werden wir nicht fündig. Belohnt werden wir aber mit dem gesuchten Schildraben, einer Art die südlich der Sahara, vom Senegal bis zum Kap ihre Verbreitung findet. Für Marokko und damit für die Westpalearktis, ist der Vogel eine Ausnahmeerscheinung.

10. Februar > Zagora - Tazzarine - Merzouga

Eine lange Fahrt steht bevor. Hoschi erledigt vorher den obligaten Einkauf des Bananen-Mandarinen-Wasser-Vorrats. Ab und zu legen wir Stops ein, um verschiedene Habitate auf bestimmte Arten abzusuchen. Mario mit seiner Marokko-Erfahrung hat ein gutes Gespür dafür. Ein solcher Halt bringt die erste Beobachtung der Atlasgrasmücke. Am späteren Nachmittag treffen wir in Merzouga ein. Wir treffen auf Lahcen,  unserem Guide für die nächsten zwei Tage. Dieser will uns unbedingt noch zu einem Steinkauzplatz führen. Eine spezielle Erfahrung, ein aufkommender Sandsturm, treibt uns nach erfolgloser Steinkauzsuche zurück in ein Restaurant, wo wir den Sand im Mund mit Cola runterspülen. Da wird jedem von uns verständlich, dass die Menschen hier Mäntel mit Kapuzen tragen, oder Männer und Frauen Kopf und Gesicht mit Tüchern schützen. Über Naturpisten erreichen wir am Abend unsere Unterkunft am Rande der Dünen des Erg Chebbi. Der Sandsturm rüttelt in der Nacht an den Zeltwänden und lässt keine Sterne funkeln.

11. / 12. Februar > Birding Region Merzouga - Rissani

Ein spektakulärer Sonnenaufgang begrüsst uns nach der Nacht im Zelt. Die Dünen im Licht der aufgehenden Sonne sind unglaublich schön anzusehen und äusserst fotogen. Auf den höchsten Dünengipfeln lassen sich Hunderte von Touristen, vorwiegend aus Asien, mit dem Fernglas ausmachen. Wir haben andere Ziele. Frühstück und dann auf Pirsch querfeldein. Das Gebiet ist riesig, ein Guide ein Muss!

Beim ersten Halt beim Café Jasmina, werden wir auf der Suche nach Wüstensperlingen nicht fündig. Der Wüstensperling wird offenbar immer seltener. Lahcen kennt noch einen andern Ort und dort treffen wir zu unserer Freude auf ein Paar dieser attraktiven Sperlingsart,  eine meiner Wunscharten auf dieser Reise. Lahcen ist ein sehr engagierter Guide und kennt das Gebiet. In den zwei Tagen kommen wir mit ihm voll auf unsere Rechnung, auch wenn wir nicht eine Hundertprozent-Ausbeute haben. Gewisse Arten, wie der Pharaonenziegenmelker, waren noch nicht aus ihrem Winterquartier südlich der Sahara zurückgekehrt, oder Flughühner konnten aus einer Vielzahl von Wasserstellen auswählen. Zwei Super-Birdingtage, mit einem tollen Guide und einem aufmerksamen Driver!

13. Februar > Merzouga - Tinerhir - Boumaln Dadès

Eine kurze Wanderung in die Todraschlucht bringt für uns eine Beobachtung, mit der wir nicht gerechnet haben. Bei der Absuche der Felswände entdeckt Mario mehrere horntragende Säuger!? Erster Gedanke, Mufflons? Trotz der grossen Distanz kann ich brauchbare Fotos machen und auf dem Display der Kamera zeigt sich, dass es wohl keine Mufflons sind. Am Abend, im Hotel lässt sich dank Wi-Fi die Sache klären. Es handelte sich um Mähnenschafe (Mähnenspringer). Wie sich später in der Korrespondenz von Mario mit Maghreb.ornitho herausstellen wird, war unsere Entdeckung eine ausserordentliche Beobachtung einer mittlerweile in Marokko selten gewordenen Tierart.

14. Februar > Birding Tagdilt Track - Ikniouin

Tagdilt Track, der vielbeschriebene Birdwatching-Hotspot. Da haben wir uns doch einiges versprochen und auch bekommen. Die Zielarten Knackerlerche und Fahlbürzelsteinschmätzer sogar am selben Ort! Allerdings ist der Knackerlerchen-Spot nicht unbedingt zum längeren Verweilen und schon gar nicht als Picknickplatz geeignet. Weiss der Kuckuck was die Knackerlerchen auf dieser Mülldeponie suchen und fressen!? Ich habe mich dann doch überwunden, eine nicht besonders scheue Knackerlerche aus der Müllhalde in eine habitatskonforme Zone zu treiben, um sie dort zu fotografieren.

Auf der Suche nach Flughühnern fahren wir weiter über unbefestigte Pisten, durch Wadis, über Stock und spitzem Stein weiter Richtung Süden. Während wir bei einer kleinen Berbersiedlung mit wasserführendem Bach Ansitz beziehen, macht Mohammed - aus eigener Initiative - eine Rekognoszierungstour in die noch weiter südlich gelegene Hügellandschaft. Es schien fast, als hätte ihn auch schon ein bisschen das Birderfieber befallen. Wir suchten nach einer ganzjährig wasserführenden Wasserstelle. Ob wir sie letztlich gefunden haben wurde nicht ganz klar. Aber das Wadi, wohin uns Mohammed hinführte, hatte tatsächlich Wasserstellen mit Fröschen und einen Wasserpflanzenbewuchs, der darauf schliessen liess. Die besondere Beobachtung an diesem Ort, war eine auffliegende Zwergschnepfe, die dreissig Meter weiter wieder zu Boden ging und sich reglos unter eine Böschung drückte. 

Eine Wanderung durch das Wadi, zurück in Richtung der Ebene des Tagdilt Track, liess uns immer wieder nach dem Fotoapparat greifen; zu verlockend war der Anblick der umgebenden Landschaft mit dem schneebedeckten Hohen Atlas in der Ferne.

Die letzte Tagesaktion galt der Suche nach einem Wüstenuhu in den Felsabbrüchen entlang eines Wadis östlich des Tagdilt Tracks. Wer sucht der findet. Unsere Anstrengungen wurden belohnt.

15. Februar > Boumaln Dadès - Ouarzazate - Birding Barrage El Mansour

Wir verlassen Boumaln Dades ohne nochmals den Tagdilt Track aufzusuchen. Die Flughühner haben zu viele Möglichkeiten ihren morgendlichen Wasserbedarf zu decken. Wir wollen die gewonnene Zeit für Beobachtungen an einer andern Stelle des Stausees El Mansour einsetzen. Insbesondere wollten wir den Fokus auf die Suche nach Marmelenten richten. Unsere Freude war natürlich gross, ca. 30 Ind. dieser seltenen Entenart zählen zu können. Ca. 400 Weißstörche, verschiedenste Wasservogelarten, Reiher, Löffler, Fischadler, Rohrweihen, Habichstadler und erneut Rotkehlpieper bereicherten die ganze Szenerie. Den Steinkauz auf der Rückfahrt konnten wir verständlicherweise fotografisch nicht links liegen lassen.

16. Februar > Ouarzazate - Barrage El Mansour - Taroudant

Weiterfahrt nach Tarroudant. Mario kauft sich - er mache das immer - in einem kleinen Shop einheimische Zahnpasta. Ob da wohl Knoblauch drin ist? Auf einem kleinen Rundgang durch ein Städtchen kaufen wir das obligate Bananen-Mandarinen-Picknick, diesmal ergänzt mit Äpfeln und Fladenbrot. Beim nochmaligen Halt in der Wüstenfalkenschlucht gelingt es mir doch noch, die marokkanische Unterart der Bachstelze zu fotografieren.

Im Hotel Palais Salam beziehen wir Unterkunft. Eine Hotelanlage, die leider in den meisten Bereichen am Verlottern ist. Wir sind uns einig, das "Palais" kann man getrost weglassen. Erwähnung findet das hier nur, weil es wirklich sehr schade um diese ehemals wunderschöne Anlage ist! Allein der reich bewachsene Garten, mit Pflanzen die in ihrer Grösse unglaubliche Masse erreicht haben, ist eindrücklich.

Auf einer Stadtbesichtigung zu Fuss wollen wir nochmals Marokko-Feeling schnuppern. Nichts eignet sich dazu besser als ein Gang durch die Souks. Entgegen der ursprünglichen Planung beschliessen wir, nur eine Nacht in Taroudannt zu bleiben. Angela Yee-Jäggi von Liberty Bird organisiert uns über die Agentur ein Hotel in Agadir. Ein nachträgliches Merci an Angela!

17. Februar > Taroudant - Massa NP - Agadir

Die Hotelumbuchung bringt uns mehr Zeit für die Küste. Der Qued Massa Nationalpark ist ganzjährig ein Besuch wert, auch wenn im Februar der Vogelzug noch kaum angelaufen ist. Vom Parkeingang wandern wir zu Fuss Richtung Meer, wo uns Mohammed nördlich vom Park mit dem Auto wieder erwartet.

Was machen wir noch? Eine ins Auge gefasste Möglichkeit war, südlich des NP nach Waldrappen zu suchen. Schlussendlich fuhren wir nochmals zum Parkeingang um dort bezüglich der Wegbeschreibung nachzufragen. Anwesend war nur noch ein junger Marokkaner der sich anbot, als Guide mitzukommen. Der Preis war schnell ausgehandelt und die Exkursion konnte beginnen. Lahcen - ob wohl alle Bird-Guides in Marokko so heissen? - führte uns zu einer Kolonie mit ca. 130 Sichlern und später zu nahrungssuchenden Trupps von gesamthaft ca. 80 Waldrappen. Eine tolle Begegnung mit diesem urtümlichen Vogel! Der Abstecher hat sich gelohnt!

18. Februar > Agadir - Marrakech - Basel

Samstag, Tag der Rückreise. Da wir den Waldrapp schon notieren konnten, erübrigte sich die Fahrt nach Tamri. Also war der Entscheid schnell gefasst, auf direktem Weg Marrakech anzupeilen. Wir wollten uns nochmals durch die Souks treiben lassen, um etwas von der Stimmung in dieser Stadt mit nach Hause zu nehmen.

Mit der Fahrt auf den Flughafen und dem Rückflug in die Schweiz nehmen wir Abschied von Mohammed. Mit dem Flug in den Nachthimmel lassen wir eine faszinierend andere Welt hinter uns.